Man nimmt an, dass ein Ursprung des Schornsteinfegerhandwerks in Italien zu suchen ist und mit der Entwicklung des Schornsteins einherging. Als das alte Einraumhaus, in dem bis dahin der von der Feuerstelle aufsteigende Rauch in den Raum oder auf den Dachboden gestiegen war, eine Zwischendecke erhielt, brauchte man eine Vorrichtung zum Ableiten des lästigen und gesundheitsschädlichen Rauchs. Man baute Rauchfangtrichter (sog. Essen) über der Feuerstelle. Den damit aufgefangenen Rauch leitete die Esse in einen Schornstein (Synonym: Schlot) oder durch ein Loch in der Wand nach draußen.

In Bauernhäusern wurden Rauchschlote aus Holz und Lehm vermutlich etwa im 10. Jahrhundert allmählich üblich. Für Städte wie Trier, Köln, Straßburg, Erfurt ist der Geschossbau ab dem 12. Jahrhundert nachgewiesen. In Italien gab es nachweislich Mitte des 14. Jahrhunderts steinerne Schornsteine; in Deutschland waren sie wohl bis zum 15. Jahrhundert selten. Die Schornsteine und Rauchschlote fegte der Eigentümer oder der Mieter selbst, oder er beauftragte Dritte damit. Es gab auch reisende Handwerker (z. B. Schornsteinfeger aus Norditalien), die ihre Dienste in Deutschland anboten. Ausgelöst durch Stadtbrände entstanden im hohen und späten Mittelalter die ersten Brandordnungen bzw. Feuerordnungen. Sie waren Bestandteil allgemeiner städtischer Ordnungen, traten vermehrt seit dem 16. Jahrhundert auf und verbreiteten sich im 17. Jahrhundert.

Verfasst und publiziert wurden die Feuerordnungen vom Landesherrn oder von städtischer Obrigkeit. Sie wurden gelegentlich überarbeitet und novelliert. In manchen Feuerordnungen wurde das regelmäßige Kehren des Schornsteins zwingend vorgeschrieben. So erließ die Stadt Breslau in einer Urkunde vom 4. August 1578 über die „Neuaufgerichtete Feuerordnung“ Kehrbezirke für Schornsteinfeger in der Stadt. Am 2. April 1727 erließ Preußens König Friedrich Wilhelm I. eine Verordnung, die Vorschriften für Schornsteine, die Errichtung von Kehrbezirken, die Begutachtung der Feuerstätten und die Haftung des Schornsteinfegers bei Schäden enthielt.

Am 21. Juni 1869 wurde die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich eingeführt, in der § 39 die Einrichtung von Kehrbezirken für Schornsteinfeger gestattete. Die Einrichtung von Kehrbezirken war also eine „Kann-Bestimmung“; von ihr wurde sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht. So gab es keine einheitlichen Maßstäbe für die Größe der Kehrbezirke. Die war aber manchmal nicht ausreichend, um davon hauptberuflich leben zu können. Manche kleine Gemeinden hatten den Ehrgeiz, einen lokalen „eigenen“ Schornsteinfeger zu haben. Am 15. Juni 1880 wurde im Deutschen Reichsanzeiger der Erlass des Preußischen Ministers für Handel und Gewerbe zur Regelung des Schornsteinfegerwesens vom 14. Mai 1880 veröffentlicht. Mit diesem Erlass sprach sich der Minister grundsätzlich für das System der Kehrbezirke für Schornsteinfeger aus.

Der Ministerialerlass vom 5. Februar 1907 in Preußen war bis 1935 die Rechtsgrundlage für die Kehrbezirksbildung. Die wesentlichsten Punkte waren: „Für die Bildung von Kehrbezirken ist das feuerpolizeiliche Interesse allein entscheidend. – Ein ausreichendes Einkommen ist erforderlich. – Die Überwachungsmöglichkeit des Bezirks bildet die Grenze. – Eine Nachprüfung anhand eines Kehrbuches soll alle 5 Jahre stattfinden. – Eine Bewerberliste ist aufzustellen. – Ausschluss von Nebengewerbe ohne ausdrückliche Genehmigung. – Erhebung des Kehrlohnes nur vom Hausbesitzer. – Die Regierungspräsidenten können als Berufspflichten die Brandhilfe, die Brandschau und die Bauabnahme aufnehmen.“ Von der Befugnis Kehrbezirke einrichten zu können, machten zu dieser Zeit sämtliche Länder in der Weimarer Republik Gebrauch, überall waren Kehrbezirke eingerichtet.

Am 13. April 1935 änderte der Reichstag – er hatte am 24. März 1933 mit dem Ermächtigungsgesetz seine Gesetzgebungskompetenzen an die Reichsregierung abgetreten, war seitdem „gleichgeschaltet“ und hatte keine demokratische Funktion mehr – den bis dahin geltenden § 39 der Gewerbeordnung und schrieb die Einrichtung von Kehrbezirken vor („Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung“).

Auf Grundlage dieses Gesetzes erließen Reichswirtschaftsministerium und Reichsinnenministerium die „Verordnung über das Schornsteinfegerwesen“ vom 15. April 1935[2] und 28. Juli 1937.

Letztere legte fest:

„Die Erhaltung der Feuersicherheit liegt im öffentlichen Interesse. Alle Gebäude mit Schornsteinen und Feuerungsanlagen unterliegen deshalb dem Kehrzwang. Die Kehrgebühr ist eine öffentliche Last des Grundstücks. Kehrarbeiten dürfen nur von Bezirksschornsteinfegermeistern, die für bestimmte Kehrbezirke angestellt sind, oder deren Gesellen und Lehrlingen ausgeführt werden. Der Bezirksschornsteinfegermeister gehört als Gewerbetreibender dem Handwerk an. Er ist der Aufsicht und der Ordnungsstrafgewalt einer Behörde unterstellt, hat aber nicht Beamtenhoheit.“

Damit bekamen die Bezirksschornsteinfeger das sogenannte Kehrmonopol.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt, in denen es unterschiedliche Verordnungen für das Schornsteinfegerwesen gab. Am 22. Januar 1952 wurde für die Bundesrepublik Deutschland (damals Westdeutschland) das ‚Bundesgesetz zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens‘ („Schornsteinfegergesetz“) verabschiedet.

Am 10. Juli 1969 stimmte der Bundesrat dem ‚Gesetz über das Schornsteinfegerwesen‘ zu. Das neue Gesetz, das auch die alten noch geltenden Paragraphen der Gewerbeordnung aufhob, brachte ein einheitliches Schornsteinfegerrecht für die Bundesrepublik Deutschland.

Aber warum sollte es mit dem Schornsteinfegerhandwerk anders sein als mit der deutschen Bahn, der deutschen Post, dem deutschen Gesundheitssystem, den deutschen Universitäten und den Energieversorgern? Diese waren alle einmal öffentlich rechtliche Institutionen, die erfolgreich arbeiteten und die die alte Bundesrepublik verkörpert haben. Alle oben aufgeführten Institutionen wurden zumindest teilweise liberalisiert. Die Zeiten haben sich geändert. Wir leben heute in einer globalisierten Welt.

Das Schornsteinfegergesetz, das im Jahre 1969 erlassen und 1994 novelliert wurde, ist ein in sich stimmiges Gesetz. Die deutsche Rechtsprechung hat die Regelung über den Zugang und die Ausübung des Schornsteinfegerberufes stets befürwortet. Nicht nur für den Bestand des Kehrbezirkssystems, sondern auch für seinen Ausbau, lassen sich gute Gründe finden. Ein Ausbau des Kehrbezirkssystems könnte seinen gesetzlichen Niederschlag in der Überprüfung der Installation von Rauchmeldern, der bundeseinheitlichen Überprüfung von Lüftungsanlagen und Öltanks finden. Wer das Schornsteinfegerhandwerk mit seiner Vergangenheit und seinen Erfolgen infrage stellt, sieht sich einem starken Rechtfertigungszwang ausgesetzt.

Auch das Schornsteinfegerhandwerk gehört zu den öffentlich rechtlichen Institutionen, die der Gesetzgeber trotz seiner Effizienz liberalisiet hat. Es geht nicht um die Frage, ob die Liberalisierung des Schornsteinfegergesetzes für den Bürger und für die Betriebe sinnvoll ist.

Das Schornsteinfegerhandwerk kann sich natürlich die berechtigte Frage stellen, warum die EU-Kommission keine europarechtliche Lösung angestrebt hat. In anderen Bereichen wie bei der Post oder dem Telefonwesen wurden Harmonisierungsvorschriften erlassen und die Liberalisierung wurde in allen europäischen Ländern im gleichen Schritttempo vorangetrieben. Dies wurde beim Schornsteinfegerhandwerk bedauerlicherweise unterlassen.

Das Schornsteinfegerhandwerk hat den Wandel begriffen und hat seine Aufgaben einer veränderten Umgebung angepasst!